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Thing Frankfurt 20.9.1994

20. 9. 1994

Message #2485 - BERICHTE
Date: 16-Sep-94 20:47
Von: Hans-Christian Dany
An: Stefan Beck

Betreff: Dabei und dagegen

Antworten: #2461 <--> #2505

In vielem kann ich dir zustimmen, aber in einigen aber ganz und gar nicht. Deine heroische Forderung eines Honorars sprach bis hier in die Vorstadt durch. Der Grad der Ausbeutung erreicht bei `S.D.' wieder neue Spitzen (der idiotische Vergleich mit der `Dritten Welt' ist geschenkt). SSW tust du unrecht, der hat, Hand aufs Herz, seine Stimme nicht für `S.D.' gegeben. Der hat es wirklich `schwierig', neulich versuchte einen `Salon' für die Kunstvermittlung zu initieren, da kreischt ihm eine Millionärs-Gattin in Gesicht: `Oh ja, ich mach Schnittchen, Gerda bist auch dabei?'.

Oder die Eröffnung von Otto Zitko, als in der Turnhalle hinter dem Hauptbahnhof wirklich nur noch der Vorstand des KV, 10 Verirrte, Zitko und 20 zur Deko angemietete Asylbewerber standen, sah toll aus. Dann kriegten sich aber die Gren von zwei Vorstandsmitglieder auf einem Kissen von Angela Bulloch in die Wolle und alle Liebesmüh war wieder für die Katz. Unter dem Strich ist seine Position hier, auch nur als Mutation der Merianschen `Tod des Märchenprinzen'-Welt zu erklären. Ich finds Klasse. Sehr schön fürs Hamburg-Verständnis ist auch Hans-Henny Jahn, nach 2 tsd. Seiten in den Eingeweiden einer Kuh (welch feine Metapher für die Künstlerseele) ist man in der Klapse oder traut sich nicht mehr aus der Stadt. Ob man dem `Museum' als `Lokalitt' der Kunst entgeht, in dem man Parties (gabs schon immer), TV oder Zeitschriften (gibts im Kupferstichkabinett wie Sand am mehr) macht, glaube ich kaum - weiß auch nicht, ob das intendiert ist. Einige Projekte zB INTERNETT sind erstmal Instituions interessiert, um die Credibility ihrer `Kooperative' zu erhöhen und so Zwischenhändler (sprich Galeristen etc) auszuschalten - als Strategie erstmal verständlich, wenn auch wenig utopisch. Bin gespannt wie sich dein `Dagegen' artikuliert. Auf das `Neue' warte ich noch und freu mich allein deshalb auf `S.D.'

ff.



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Message #2505 - BERICHTE

Date: 18-Sep-94 13:46
Von: Michael Krome
An: Stefan Beck

Betreff: Dabei und dagegen

Antworten: #2485 <--> #2506

> Neun Hamburger Kunstgrupper richten gemeinsam
> die diesjaehrige Woche der bildenden Kunst a
> us. Das ist kuerzlich von Michael Krome als
> >Lokalismus< oder >Separatismus< bezeichnet
> worden.Dazu waere noch einiges anzumerken:a) Gab es
> jemals etwas in Hamburg, das ueber den Charakter des
> Lokalen hinausgekommen waere? Die Stadt liegt im
> Abseits, u
> nd nur als Abseitige kann der Ruf entkommen: Sei
> dabei! (Als ich noch in Hamburg studierte, ging mir
> der dortige Hang zur Selbstgenuegsamkeit und
> Selbstbespiegelung mehr als einmal auf den Keks. Die
> Hamburger geographische Selbsteinschaetzung am
> ungefaeh
> ren Rand von Bayern angesiedelt zu sein, ist kein
> Witz, sondern Tatsache.

Entschuldige das lange Quoten, aber ich denke, prinzipiell hast du zwar recht, aber der Einwurf von HCD, hat mir doch zu denken gegeben. Wenn wir auf der anderen Seite die Selbstgenügsamkeit von Städten wie Düsseldorf, MÜNCHEN und auch selbst Berlin hinzuziehen, dann können wir allenfalls bei Stuttgart (wir reden auch ber Mentalitäten) eine wohlige Ausnahme machen.

Aber ich muss sagen, das relativ gesehen auch für Hamburger zutrifft. Ich weiss nicht, wann du von Hamburg weg bist, aber es könnte damit zusammenhängen, denn in den letzten Jahren hat sich m.E. einiges getan.

> Museum wie traditionelle
> Fabrik sehen sich in der Rezession ausserstande
> Vollversorgung zu leisten. Diversifikation lautet das
> Schlagwort. (IKEA: Design in Sweden. Made in Turkey)

Vollkommen einverstanden, nur hab ich nicht verstanden, wie du das bewertest (Im Rahmen von Lokalismus, Seperatismus negativ) Ich würde das eher positiv bewerten, weil es für eine Energie steht, die dann, wenn sie sich konsolidiert, wie in diesem Fall, auch dafür sorgt, daß die überregionale Information in konkrete Handlung (Ausstellung, Aktion, Sendung etc.) resultiert. Hat brigens sehr viel mit der Diversifikation der TV_Medien zu tun (Lokal TV), die Grossen haben Angst davor, weil viel effektiver und kostengstiger produziert werden kann im lokalen Kontext. Auch wenn es mit Luhmann zu einer Reduktion von Komplexität kommen könnte. Zumindest einer Reduktion von Relationalität. Das genau bestreite ich aber aufgrund der verschiedensten Vernetzungen (Telefon, Fanzines, Faxe, Boxen etc.) ist die Informiertheit doch extrem gestiegen.

Ein anderer Vergleich in dem Zusammenhang: Von der Galerienseite überlegen auch wir uns derzeit, ob die Aufrechterhaltung eines internationalen Programms in anbetracht der wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht reduziert werden sollte, denn ohne Zweifel könnte man mehr machen, wenn man auf Ausgaben wie Transport, Aufenthalt, Reise etc. verzichten wrde und sich nur der regionalen Ressourcen bedienen wrde. Nur dafür ist Köln wahrscheinlich sogar der schlechtere Ort als Hamburg. Ab da wird es eine Frage nach der Qualität.

> Muss ich nicht in Zukunft davon ausgehen, dass ich meine Kunst a
> n solche No-Name Anbieter wie Sei-Dabei loswerden muss, die als Simulakren
> hoeheren Versagens geduldet und aufrecht erhalten werden. Sind die Status-
> Artikel der Kunst nicht nur
> nicht mehr finanzierbar, sondern auch nicht mehr
> produzierbar?

Das fatale daran ist doch nur, daß der RUN auf das scheinbar nichtkommerziell e kein originäres Interesse ist, sondern wie du sagst, rein ökonomisch legitimiert. Auch UnFair und vieles andere was im Mäntelche von irgendwelchen Innovationen daherkommt, ist einzig und allein so motiviert. Womit in den meisten Fllen nicht nur die Glaubwürdigkeit steigt, sondern auch die Qualität nicht.

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