Thing Frankfurt Blog / Archiv
Thing Frankfurt 10.4.1994
10. 4. 1994
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Message #2099 - FFM LOKAL (Empfangen)
Date: 02-Apr-94 17:06
Von: Felicia Herrschaft
An: Stefan Beck
Betreff: galeristen interviews
Lieber Stefan!
Also gerade ist mir doch glatt der Text wieder abgestuerzt und ich sitze hier unter Zeitdruck und fahre gleich nach Stuttgart. Dort werde ich noch die Galeristin March interviewen. Also noch mal: Vielen Dank für deine schnelle Reaktion, denn bei solchen Projekten, die eine Idee verfolgen, ist Kritik wichtig. Leider waren letzten Samstag noch nicht alle Interviews fertig und zwar genau die, die auch die Fragen behandeln, die du angesprochen hast: Ob Galeristen nicht auch Kunst machen wollen, in Konkurrenz zum Künstler treten, welchen Werdegang die haben, ob Künstler, wenn sie Sachen produzieren die sich bestimmt gut verkaufen lassen, eher die Chance haben in einer Galerie zu landen, als wenn das nicht der Fall ist, etc. Bevor ich darauf eingehe, werde ich erst nochmal das Konzept der Veranstaltung Das Laufwerk der Objekte erlutern: Wir sind davon ausgegangen, dass Galeristen nicht mehr in der Lage sind Kuenstler zu finanzieren und Kuenstler sich deshalb als Alleinunternehmer durchschlagen und den Verkauf ihrer Objekte selbst in die Hand nehmen muessen. Das Laufwerk, eine Auktion/Aktion, sollte dies durch eine Versteigerung ermglichen, die Funktionen von Galerien dabei negiert werden. Das Laufwerk ist nicht als Alternative zu Galerien entstanden, sondern innerhalb eines philosophischen Konzeptes, mit der Fragestellung nach Menschen und ihren Tätigkeiten. Ein Laufwerk ist ein Laufwerk und dessen Funktion ist, etwas ins Rollen, ins Bewuatsein zu bringen, in diesem Fall, Objekte von Künstlern, die das Mittel zum Zweck waren, auf Künstler/Galeristen Dualitaet hinzuweisen und welche interaktiven Prozesse, auch zwischenmenschlicher Natur, zu Bewuatseinsvernderungen fhren.
Der Titel soll gleichzeitig verdeutlichen, dass die Entstehung von Objekten jeglicher Art und das Uebergeben von Dingen in eine ffentlichkeit, ein neues Bedeutungsfeld, z.B. den Markt, der nach betimmten Gesetzen funktioniert, abhaengig ist von Menschen und deren Wnschen, Problemen und Beduerfnissen. Dies ist eingebunden in einen interaktiven, prozesshaften Komplex aus Aktion/ Reaktion, innerhalb dessen Bedeutungen/berzeugungen einer Gemeinschaft entstehen.
Jedes von Menschen gemachte Ding, egal ob das Autoreifen oder Kunstwerke sind, ist über diese Wünsche etc. konnotiert, denn auch in einem Autoreifen, in dieser Form , steckt der Wunsch und die Suche nach einem "goettlichen" Element, das sich manchmal in Geschwindigkeitssucht aeussert, so banal das klingen mag. Bei Arbeiten von Kuenstlern, wo diese Sehnsuechte und Fragestellungen schon freigelegt sind und sich sogar darum bemht wird, bestehende Positionen auf radikale Weise zu hinterfragen, und dieses Hinterfragen ist sogar institutionell abgesichert, obwohl Autofahren eigentlich wesentlich gefaehrlicher als Kunst ist, oder? Objekte von Künstlern und die Einbindung von Kunst in Galerien, sind desahalb geeignet, eine Form prozesshafter Interaktion innerhalb einer Gemeinschaft und die notwendigen Beweggrnde, die sich jeder für seine Taetigkeit zurechtbastelt, nher zu beleuchten.
Also langsam naehere ich mich meiner Intention Galeristen zu interviewen...aus einer ethnopsychoanalytischen Haltung heraus, in bezug auf Bedeutung Wahrheit, die nicht objektiv ist, sondern relativ durch die ausfuehrliche Beschreibung der Intentionen und Motivationen von Galeristen. Die Frage nach dem Kuenstler steht dann nicht mehr so im Vordergrund, weil die Aufgabe eines Galeristen ist nicht Babysitter von Kuenstlern zu spielen, sondern verantwortungsvoll mit den Arbeiten umzugehen. Ich denke, um noch mal auf die Veranstaltung zurckzukommen, Objekte von Kuenstlern für die Beantwortung philosophischer Fragen zu benutzen ist genauso legitim, wie Kuenstler philosophische Fragen in ihre Arbeit einbeziehen, um Fragen nach dem "Sinn, Wahrheit, Freiheit und was der Mensch sonst noch alles bentigt, um "zufrieden und gluecklich" zu sein, zu beantworten.
In dieser Richtung ist leider noch kein Ziel in Sicht, in der Philosophie auch nicht, deshalb laufen die Objekte immer wieder aufs "neue" vom Band. Gehts um neue Inhalte war auch eine der Fragen. Das Rahmenprogramm der Veranstaltung (band, Djs) hat uns ermglicht einen Eintrittspreis von DM sieben zu erheben, um nicht wie Galeristen, prozentuale Anteile am Verkauf einfordern zu mssen. Dies ist vielleicht ein Ding, das von Junggalerien, die sich von den antiquierten Eroeffnungszeremonien lsen wollen. Leider ist die Vermittlung von Kunst dann nicht mehr mglich, wenn Besucher nur zur Party kommen. Interessant ist, dass alle Galeristen bestritten haben, daa whrend einer Eroeffnung ein Austausch ber Kunst stattfindet. Eroeffnungen haben nur die Funktion, die Neuentdeckung des Galeristen zu prsentieren. Weil Galerien zumeist raumbezogen arbeiten, hat der Interessent nach der Vorstellung die Moeglichkeit, eine Galerie zu besuchen, um die beratende/erklaerende Ttigkeit, abhaengig von der Tagesform, des Galeristen, in Anspruch zu nehmnen. Der Galerist bildet mit dem Kuenstler /Kaeufer eine relativ sensible Verbindung, das sogenannte klassische Dreieck, bei dem es hauptsaechlich um Wahrnehmung, Vermittlung von Kunst(Bedeutung) und die Faehigkeit geht, ob Menschen in der ...
[... und hier wurde der Text wegen Zeitueberschreitung abgebrochen, Fortsetzung hoffentlich folgt; AK]
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Message #2104 - TALKSHOW
Date: 02-Apr-94 11:35
Von: Rainer Ganahl
An: Stefan Beck
Betreff: ABWEICHUNGEN
dieses phaenomen ist oft zu beobachten... aber meine erfahrung mit solchen leuten ist oft die, dass schon die ersten arbeiten, con denen man noch irgendwie ueberzeugt war, nicht richtig "stimmen" - und es die nachgelieferten objekte braucht, um die ersten zu korrigieren... ich glaube kaum daran, dass jemand "besser" oder "schlechter" wird. allerdings braucht es oft lange zeit, etwas richtig zu orten und zu verstehen.. so viele leute bewegen sich in einer "ungefaehr-sphaere" und werden erst ueber eine laengere perioide offensichtlich... ich kenne davon genuegend faelle: ganz klar werden solche sypmptome, wenn produktionsmittel und -moeglichkeiten zur verfuegung gestellt werden und eine sog. nachfrage entsteht... - selbst von leuten, die mit schrift arbeiten, und wirklich objektschuechtern ins rennen gingen, bin ich bitter enttaeuscht worden, als sie dann pleotzlich anfingen, ganze wohnsiedlungen zu moeblieren.. : in solchen faellen untersucht man die texte etwas genauer und man entdeckt, dass sie schon von vornherein mit dem ganzen kram schwanger sind (man verzeih mir die problematische metapher - und auch will ich niemanden beim namen nennen, und -wie im film fuege ich hinzu - zufaellige uebereinstimmungen mit real exisiterenden kuenstlern ist voellig unbeabsichtigt)
--- FLAME v1.0
* Origin: THE THING NYC (42:1001/1)
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