Lost in Medienwissenschaft
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Ein Schriftstück, erschienen zur Vortragsreihe "Medienarchäologie" an der HfG in Offenbach, stellt vor die üblichen, ketzerischen Fragen – ohne Gewähr auf Vollständigkeit.
Crosskulturelle Konvergenz - müszte heissen: Crossculturelle Convergenz? Die Worthülse verbirgt eine Weisheit, die uns sagt, dass Zeug wie Internet Einfluss auf Prozesse hat. Gut. Ein Beispiel: "Die wesentlichen Entwicklungslinien der HfG sind von dem übergreifenden Phänomen crossmedialer und crosskultureller Konvergenz geprägt. Getrieben von der medientechnologischen Entwicklungen der 80er und 90er Jahre haben Digitalisierung und Virtualisierung alle Entwurfs- und Produktionsprozesse transformiert. Wir sprechen in dem Zusammenhang von der Hybridisierung der Gestaltungsdisziplinen - von der Kunst über die Visuelle Kommunikation bis hin zur Produktgestaltung - der zufolge sich ursprüngliche Trennschärfen zwischen den Anwendungsfeldern (crosskulturell) sowie den Gestaltungsdisziplinen (crossmedial) verflüchtigen und diese sich in neuen Konstellationen und Clustern reorganisieren." Das klingt irgendwie so, als hätte jemand ein, zwei neue Begriffe, die wiederum aus irgendwelchen, zufällig gerade passenden Anglizismen bestehen, in den groszen Topf geworfen, wo schon die Zutaten für eine akademische Fertigsuppe warteten, und unordentlich umgerührt. Schön, dass die Kunst [!] zur Gestaltungsdisziplin erhoben wird. Das kann sich auch nur ein Doyen der kommerzialisierten Gebrauchsgrafik ausgedacht haben. Ansonsten sagt der Text eigentlich - nichts.
Steigt man als geneigte Leserin oder aufrechter Leser nun in die Vortragsdokumente, macht einen eines stutzig: sie hören alle in der Mitte auf. War nicht genug Zeit, nicht genug Platz, die Überlegungen von der Darstellung eines historizitären Ist-Zustandes hinaus fortzuführen?
Dennoch werden Stolpersteine in den Weg gelegt; Allgemeinplätze, die sich als kluges Gut zu tarnen verstehen und doch mehr Fragen denn Antworten eröffnen. Ein Verweis auf Lacan ist schliesslich, geschickt formuliert, immer gerade so abstrakt, dass er im Augenblick des Lesens vergessen wird, verstanden, hinterfragt zu werden, worin ein Zusammenhang begründet sein mag - nur nicht auffallen. Auch die Frage nach Identität wird in manchem Internetforum sicherlich tiefer erörtert als in einem Text, in dem biopolitische Fragestellengen zu Verlust und Untergang medialer Erinnerung herangezogen werden.
Und der dumme Witz vom Mobiltelefon ist nur dumm UND lustigwar auch nie und niemandem in anderer Form als mit einer Blondine bekannt: da sei Authentizität der verlogen-verleugnenden pc-ness einfach vorzuziehen, gerade wenn es um die Autorität rekonstruktiver Prozesse geht.
Das Urteil liegt im Wort, ist die Sache. Addictet to the Papierbecher.