Florida Boy und Duisburg
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Lieber Stefan,
anhängendes Bild, nun schon ein paar Wochen alt, konnte ich vor meinem Unternehmensberatungsniederlassungssitz in der Mainzer Landstrasse, der Deutschbank-DWS gegenüber, aufnehmen. Der Ort scheint Andersdenkende magisch anzuziehen, der Platz wurde über Wochen von diesem Opel-rot-mit-nie-wieder-Deutsche-Bank-Aufklebern okkupiert. Den Opel gibt es nicht mehr, der Mensch fährt jetzt einen französischen Kleinwagen und steht manchmal bei mir in der Theoheussallee hinter dem IBC-Turm. Der Mann sieht fürchterlich aus. Er fühlte sich so hässlich, dass er seine Jacke, im Auto sitzend, über den Kopf zog, nur damit ich ihn nicht in seiner Hässlichkeit mit der Mobiltele- fonkamera fotografieren konnte. Oder weil der einfach doof ist. Was auch gut ist. Können nicht alle Menschen gut/interessant sein.
Noch was. Die FAZ Sonntagszeitung brachte in der vorigen Ausgabe einen Florida-Artikel. Dort fiel gleich unter der Überschrift ein wunderbarer neuer Begriff: "Pop-Soziologe". So habense den Mann genannt. Nach den überstandenen Angriffen der Pop-Literaten geht nun ein neues böses Ding um. Ich finde, man muss auch hiergegen einen Pflock einschlagen. Ein Beispiel: Die Stadt Duisburg, echte Halbmillionenstadt, Vielzahl von Einrichtungen der Bildung, Kunst, Kultur (auch vorhanden: etliche neuere Gebäude von Pop-Architekten), deutlich niedrigere Lebenserhaltungskosten als in Littlebigcity FFM, deutlich mehr Grünflächen im Stadtbild, taucht in keinem neudeutschen "ranking" auf. Man lächelt doch wohl eher, wenn der Name "Duisburg" fällt. Bei FFM wird gleich an den drittgrössten kontinentaleuropäischen Flughafen gedacht. Das Wort ist schon bedeutungsvoll lang. Doch an das deutlich mächtigere "Weltgrösster Binnenhafen" hängt die Welt nicht. Nun frage ich, liegt das an mangelnder Eigenwerbung der Stadt oder sind die dort Heimischen klüger und schauen sich die Entblödungen anderer augenzwinkernd aus der zweiten Reihe an?
Andererseits gebe ich gerne zu, zwei Menschen aus o.g. Ruhrgebietsstadt sehr persönlich zu kennen. Die eine eine Exfreundin der Perlenohrstecker- fraktion, nun "hier" lebend, d.h. eine sicherlich Nichtkreative. Der an- dere ein junger Kollege in meiner neuen Firma. Die macht ja "irgendwas mit IT" (ist ja nach Florida-Boy per se "kreativ"). Der Kollege hat eine kreative Ziegenbarttracht, spielt unsäglich schlechten Heavy Metal in einer Gruppe mit unsäglich unkreativem Bandnamen ("* * *") und spricht nicht viel.
Resümierend muss ich also auf Grund dieser Quellenlage einfach verallge- meinernd Duisburg als Umfahrungsort der Kreativen Klasse bezeichnen. Vielleicht kommen die da besser mit dem Leben klar und brauchen keinen "Life Style"-Rollator.
Hast Du andere Antworten?
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