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Internet als Medium der Bewerbung

Veröffentlicht am

2008, fast jeder Künstler hat zu mindestens eine Homepage. Taugt diese als Medium der künstlerischen Arbeit bei der Bewerbung um Förderung und Unterstützung durch Institutionen?

Im Antragsformular A1 der Stiftung Kunstfonds kommt der Begriff Homepage nicht vor. Ebenso wenig bei der Hessischen Kulturstiftung.

Gegeben, es handelt sich um bedauerliche Ausnahmen, die Probleme mit der Rezeption von Internet fangen erst an.

Technische Schwierigkeiten

Ist die Internetseite zur Zeit der Jury-Sitzung erreichbar? Funktioniert die verwendete Plattform, sind Browser und Auflösung kompatibel, werden spezielle Plug-Ins wie Flash oder Java benötigt?

Das ist nicht einfach, aber sicher lösbar.


Konzeptionelle Probleme

Ob bei Projektion oder Betrachtung am Bildschirm, ist eine Internetseite eigentlich für eine Gruppenbetrachtung tauglich? Ist Internet nicht ein eher intimes Medium, das dem Benutzer "face to face" gegen übertritt?

Ist Internet überhaupt zur bloßen Betrachtung geeignet, so wie man einem Bild an der Wand begegnet? Ich denke Nein.

Internet ist von jeher davon geprägt, dass es kein Display sondern ein Interface ist. Das von den Benutzern (Inter)Aktion verlangt. Und diese das schließlich auch erwarten.

Die Übergänge mögen fließend sein, aber die erfolgreichsten Seiten im Netz sind alle "actionorientiert", - sei es eBay, Amazon, oder die großen Communities wie MySpace oder FaceBook. Sie leben davon, dass ihre Benutzer in dem Medium involviert sind. Selbst, wo sie Betrachtung (Fotos) anbieten, dienen sie nur dazu Engagement zu stimulieren. (zB einen Kommentar schreiben).

Zu Teilen verweigern sich die Seiten auch der Betrachtung, wenn sie den Benutzer zwingen sich anzumelden, wenn er ein bestimmtes Profil sehen will. Etwa bei FaceBook.


Konsequenzen für die Jurierung von Kunst im Internet

Die Idee Internetseiten mit einer Ästhetik des interessenlosen Wohlgefallens zu begegnen, ist überholt.

Idealerweise müsste die Jury dem Engagement folgen, das eine Internetseite von ihr verlangt. Eine Jurysitzung als zeitlich punktuelles Ereignis wäre wahrscheinlich nicht mehr möglich.

Die Institutionen müssten in Zukunft eigene Basen im Netz bilden, die über die bloße Repräsentation einer Homepage hinausgingen. Etwas als FaceBook Group. Von ihnen aus wäre ihnen nahe gelegt, sich mit dem Bewerbern von Förderung in einen Austausch (Mutualität) zu begeben, in dessen Folge eine Entscheidung gebildet werden könnte.

Wie dieses Verfahren genau aussehen könnte, ist noch unbekannt.

Da Maximalforderungen in der Regel Zeit brauchen, bis sie verwirklicht werden können, wäre eine Art Roadmap zu entwickeln, die einen Weg von Zwischenstationen skizziert. Von der bloßen Betrachtung bis zur Ausbildung vollständiger Mutualität.

Euer Wort

Ich habe mich hier bewusst kurz gefasst.

Von Euch hätte ich gerne gewusst, ob und welche Erfahrung Ihr mit der Beurteilung Eurer Internetseiten habt.

Wie sollte Eurer Meinung nach in Zukunft Kunst im Internet begegnet werden?

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3 Kommentare

Re: Internet als Medium der Bewerbung

Internet als Medium der Bewerbung - 24. November 2008 - 12:08

„Von Euch hätte ich gerne gewusst, ob und welche Erfahrung Ihr mit der Beurteilung Eurer Internetseiten habt.“

“Wie sollte Eurer Meinung nach in Zukunft Kunst im Internet begegnet werden?“


Hmmm... schwieriges Feld.

Ich möchte es mal „von hinten“ angehen: Ich denke, man kann nicht sagen, wie Kunst im Internet begegnet werden SOLL. Die Begegnung mit Kunst über dieses Medium läuft m. E. nicht viel anders ab als im "real life". Entweder man sucht Kunst und lässt sich auf Begegnung ein; dann ist nur noch die Frage, inwiefern man sich angesprochen fühlt; wie lange man verweilt. Oder man stößt auf Kunst, dann ist die Frage dieselbe. Die Freiwilligkeit bei der Begegnung mit Kunst ist nicht zu umgehen; das wäre auch wenig sinnvoll.

Meine allgemeine Erfahrung im Netz ist hochrechenbar auf die Beurteilung so mancher Internetseite, auch meiner eigenen. Die Menschen haben wenig Zeit. Und manche Seiten, so auch meine, möchten gar nicht den Anspruch erfüllen, in Sekunden erfassbar zu sein. Ich wünsche mir, dass Menschen mit einer Spur Interesse - wie bei einem guten Gespräch mit einer bis dahin unbekannten Person - die Seite Satz für Satz, Bild für Bild erkunden, um den Menschen dahinter überhaupt entdecken zu können. Dabei verlange ich gar nicht, dass wirklich immer alles gelesen, alles angeschaut werden muss. „Ich im Netz“ bin aber nix für Leute, die kurz und gut unterhalten werden wollen. Diese surfen zu Recht weiter.

Die Schnelllebigkeit unserer Zeit ist nicht kompatibel mit der Beschäftigung mit einem menschlichen Gegenüber, und sie ist daher nicht kompatibel mit Kunst.

Wenn ich also doch eine Antwort auf Deine letzte Frage finden sollte, dann lautete sie: mit Zeit.

Viele Grüße,

Sabine Pint

Zeit

Internet als Medium der Bewerbung - 24. November 2008 - 17:25

Hallo Sabine,

ich denke auch, dass Zeit ein Faktor ist. Jeden Tag schaue ich bestimmt 100 Internetseiten an. Aber auch ich kann nicht immer auf Anhieb Qualität erkennen.

Wie sich das allerdings in eine Verhaltensregel für Jury Sitzungen umsetzen lässt, weiss ich nicht. Selbst wenn man in der Sitzung dem einzelnen Beitrag eine Stunde einräumen würde, - was bestimmt sehr sehr viel wäre -, würde sich eine Internetseite nicht unbedingt erschliessen. Zumal Internetseiten ständiger Veränderung unterliegen.

*stefan

Re: Internet als Medium der Bewerbung

Internet als Medium der Bewerbung - 11. December 2008 - 09:59

Guten Morgen, Stefan,

ja, da hast Du wohl Recht... ist schwierig bis unmöglich.

Du hast ja auch nicht nur die sich verändernden Seiten, sondern auch immer andere Betrachter, auch, was "bewertende Betrachter" angeht.

Im Prinzip kannst Du auch da nicht "ein für allemal" etwas bewerten, eben weil es sich um etwas nicht unbedingt Messbares handelt. Ich denke, die Qualität von Kunst ist nur persönlich, für den Augenblick und auf sich (den Betrachter) bezogen zu bewerten, wenn überhaupt.

Viele Grüße,

Sabine

 

* * *

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