Einblicke in die Frankfurter Kommunikationswirtschaft
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Im Juni war ich bei der Frankfurter Wirtschaftsförderung, um zu erfahren, wie sie eventuell The Thing fördern könnten.
Seitdem werde ich auf seltsame Parties an seltsame Orte wie dem King Kamehameha eingeladen, wo ich mit der Frankfurter Werbeszene „networken“ soll.
Und gerade jetzt kam eine Brochüre mit dem verheissungsvollen Titel „Einblicke in die Frankfurter Kommunikationswirtschaft“. Naturgemäß stürtzte ich mich sofort auf die Rubrik „Kunst und Kultur“:
Aber, was ich da zu lesen bekam, lies mich schaudern. Da „philosophiert“ ein gewisser Axel Gundlach einer Firma kahouse über den Einsatz von Kunst in der „Eventkommunikation“.
Das wäre noch nicht weiter schlimm, wenn das nicht durch die Wirtschaftsförderung in dieser Zeitschrift als paradigmatisch für den Bereich Kunst und Kultur herausgestellt würde. In zweierlei Hinsicht verfehlt der Artikel sein Ziel.
Zum einen ist Kunst nicht einfach so ein Mittel, daß zu welchen Zielen auch immer, „angewandt“ werden könnte, denn sie ist nicht schlechthin so vorhanden, sondern wird mit bestimmter Absicht von den Künstler so hergestellt, wie sie ist. Es wäre zu allererst einmal zu fragen: Was wollen Künstler eigentlich mit ihrer Kunst?
Zum anderen übersehen sowohl der Schreiber wie auch die Wirtschaftsförderung, daß es gerade hier in Frankfurt nicht an innovativen Formaten mangelt, die von Künstler entwickelt wurden, und die auch wirtschaftlich genutzt werden könnten, wenn man den entsprechenden Horizont hätte.
Station Rose, Galerie Fruchtig, Arosa/Saasfee, Phantombüro, finger, Morgen oder Meso haben Pionierarbeit geleistet, die weit über das hinausweisen, was sich der Herr Gundlach als „Kunstanwendung“ vorstellen mag. Ich glaube, daß noch nicht einmal die Deutsche Bank so dumm ist.
Verstanden haben das die Studenten von Bauhaus Kolleg, Dessau, und auch in wünschenswerter Klarheit zum Ausdruck gebracht. Man sehe ihre webseite New Entrepreneurs. Es wäre wünschenswert, wenn das auch die Wirtschaftsförderung zu Kenntnis nähme. Man spricht ja viel von Krise, aber wenn ich den untenstehenden Text lese, kann ich nicht glauben, daß wir eine Krise haben. Oder besteht vielleicht die Krise darin, daß solche Texte produziert und veröffentlicht werden?
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Zitat:
"KunstKulturKommunikation
Kunst beschäftigt sich wie Philosophie, Forschung oder Marketing mit dem, was sein kann und was sein wird:
sie versucht, rationale Ideen und emotionale Lösungen für gesellschaftliche Konflikte und Aufgaben - eben Kultur - zu schaffen. Gleichzeitig schafft Kunst wie beim Spiel didaktische Analogien für reale Situationen in der Gegenwart und setzt diese Inhalte nachvollziehbar in kommunikative Medien um. Sie kann also ein effektives Werkzeug moderner Kommunikation sein. Entsprechend eingesetzt, katalysiert und leitet sie wichtige Meinungs-, Image- und Identitätsbildungsprozesse für Unternehmen.
In der Praxis kann man solche Ziele am ehesten im Rahmen der Eventkommunikation erreichen. Veranstaltungen und permanente Ausstellungen bieten die herausragende Möglichkeit, Inhalte für Zielgruppen erlebbar und erinnerbar zu machen. Es ist die wichtigste Aufgabe des künstlerischen Konzepts, Inhalte in begreifbare Erzählungen und Gestaltungen umzusetzen, sie unterhaltsam und dramatisch zu inszenieren und so die Inhalte nachhaltig mit Emotionen zu verbinden. Es ist ein psychologisches Spiel mit der Rezeption und der inneren Beteiligung der Zielgruppe.
Die dafür notwendige Dramaturgie arbeitet mit psychologisch wirksamen Stimmungsführungen in einer durchdachten Abfolge von Spannungs- und Entspannungsphasen, Höhepunkten und Schlüssen und nach klassischem Verständnis eignen sich hierfür vor allem darstellende Künste und der Einsatz filmischer Mittel. Das KaHouse hat es sich aber zur Aufgabe gemacht, darüber hinaus auch die bildenden Künste auf ihre erzählerischen Qualitäten zu untersuchen, sie in dramatische und dynamische Prozesse zu zerlegen und so eventfähig zu machen.
Bei den erfolgreichen Experimenten hat sich gezeigt, dass die bildenden Künste herausragende Eigenschaften für die Vermittlung von Inhalten mit sich bringen. Durch Interaktivität und überraschende, dramatische Abläufe involvieren sie die Veranstaltungsteilnehmer auf besondere Weise und, im Gegensatz zu den oft flüchtigen Momenten des Advertisings, werden hier bleibende Werke - und damit bleibende Werte - für die Unternehmenskultur geschaffen. Die bildende Kunst schließt hier eine Lücke in der Gesamtinszenierung von Events und verstärkt so den Effekt solcher Kommunikationsmaßnahmen.
Die Erkenntnisse aus solchen Auseinandersetzungen mit den kommunikativen Möglichkeiten der Kunst fließen mittlerweile in die unterschiedlichsten Inszenierungen mit ein. In den Büros und Ateliers, Ton- und Videostudios des KaHouse befruchten und durchdringen sich die verschiedenen Künste. Im Auftrag von Unternehmen und Agenturen entstehen kombinierte Musicals und Multimediashows, Kunstwerke und Gesellschaftsspiele, die für den Eventeinsatz entworfen und zu kleinen Kommunikationskampagnen verdichtet werden. Stile und Formate sind lediglich vom konkreten Kommunikationsziel und von der psychologisch motivierten Dramaturgie abhängig.
Dabei fällt der lockere Umgang mit den Grenzen zwischen Kunst, Spiel, Entertainment und Handwerk auf: Aus jeder Nachricht, jedem klaren Kerngedanken lässt sich ein Gedicht, eine Skulptur, ein Gemälde, eine Comedy, ein Musical, ein Film, 'ein Gesellschaftsspiel oder eben eine Veranstaltung unter Zuhilfenahme all dieser künstlerischen Formen machen. Wendet man diese Formel konsequent auf den Kommunikationsprozess an, findet man immer wieder neue, überraschende und faszinierende Möglichkeiten, ein Thema mit Emotionen zu verbinden und es so erfolgreich im Bewusstsein einer Zielgruppe zu verankern. Die Kunst wird so zu einem abwechslungsreichen und wirksamen Kommunikationsmedium im Dienst der Kultur."