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Basis - Sonia Leimer - uns so weiter

09. June 2011

Sonia Leimer setzt sich in ihren künstlerischen Arbeiten mit der Transformation von Material auseinander - sowohl mit Gegenständlichem und Greifbarem als auch mit immateriellen Inhalten - und thematisiert die daraus resultierenden Verschiebungen von zeitlichen und räumlichen Dimensionen. Dabei vereint sie Elemente aus den Feldern des Films und der Architektur und verknüpft ihre konzeptuelle Herangehensweise mit einer teils minimalistischen Formensprache. Ihr Interesse an brüchigen Inhalten und Stoffen, die sich in einem Zustand des 'Dazwischen' befinden, verbindet sich zudem mit dem Thema der Konstruktion von Zeit und Raum zu einem zentralen Motiv ihrer künstlerischen Praxis. Dabei verhandelt die Künstlerin Fragen nach den Grundlagen unserer Wahrnehmung, die sich auf der Basis individueller, historischer und medial geprägter Erfahrungsmuster bilden. Auch die Bedeutung von Fiktion und Simulation bei der Konstruktion von Wirklichkeit spielt in ihren medienübergreifenden Arbeiten eine wichtige Rolle. Leimers Installationen regen so Gedanken darüber an, wie sich Räume des Darstellens und Wahrnehmens gestalten und in welcher Weise sie einander bedingen. Wie ein roter Faden ziehen sich diese thematischen Ansätze auch durch Sonia Leimers aktuelle Ausstellung uns so weiter.

Die Materialien, denen sich Leimer annimmt, zeichnen sich einerseits durch die ihrem Kontext impliziten Bedeutungen aus und fungieren andererseits als Vermittler von Informationen. Über ihre Transformation verändert sich ihr Status ebenso wie die Perspektive aus der sie wahrgenommen werden. So transferiert Leimer etwa in Locations (2010) die Geschichte scheinbar überflüssig gewordener Kunstwerke aus dem öffentlichen Raum, die nur noch als rostige Materialstapel im Depot lagern, in einen aus der Verbindung von Video, Brief, Buch und geschwungener Wand bestehenden räumlichen Repräsentationszusammenhang. Sie spannt zwischen diesen Elementen eine neue Erzählung auf und findet darüber zu einer eigenständigen Arbeit.

Neben räumlichen Interventionen setzt Leimer Strategien der Re-Inszenierung von Ereignissen und der Fiktionalisierung von Räumen ein, um der Medialität von Orten und deren Geschichte nachzugehen. Dabei ist es vor allem das Verhältnis von Inszenierung und kollektivem Bilderkanon zum konkreten physischen Raum, dem die Künstlerin nachspürt. So beschäftigt sie sich mit realen Landschaften und Räumen, denen als filmische Kulissen oder Requisiten neue Erzählungen eingeschrieben werden. Dies kann eine georgische Landschaft, die vielfach als Hintergrundraum für die Produktion von Westernfilmen eingesetzt wird, ebenso sein wie ein Gletscher nahe Innsbruck, der in der Videoinstallation 2030 (2010) als Set für eine fiktive Test-Marsexpedition fungiert. Die Arbeit kreist um die Konstruktion von Geschichte durch den Film und um die Vision der Menschen, neuen Lebensraum im All zu erschließen. Das Video spielt in einer Gletscherlandschaft, die dem Mars ähnelt, und zeigt einen Astronauten der Österreichischen Raumforschungauf einer Test-Wanderung durch die karge Umgebung. Er trägt einen speziellen Raumfahrtanzug aus Kevlar, der eigens für die für 2030 von der Österreichischen Raumforschung geplante Mars-Expedition entwickelt wurde. Durch die inszenierte 'Ins-Bild-Setzung' dieser Geschichte greifen in 2030 fiktive und dokumentarische Temporalität ineinander.

Vor dem Hintergrund einer sich in erster Linie über Medien konstituierenden heutigen Gesellschaft greift Leimer oftmals auch auf den Film als Bezugsquelle zurück und integriert dessen Methoden zur Inszenierung von Wirklichkeit in ihre künstlerische Praxis. So macht sie sich beispielsweise die Methode der Bildfreistellung (Blue Screen) oder den Beruf der Location Scouts zu Nutze, die im Vorfeld von Filmproduktionen die geeigneten Orte zu den Drehbüchern ausfindig machen. In der Bodenarbeit Series of successive instants (2011) lehnt sie sich an die sogenannte 'Kunst des Geräuschemachens' an, die bei der Nachvertonung von Filmen verschiedene Hilfsmittel zur akustischen Imitation von bestimmten Situationen und Handlungen einsetzt. Im Fall von Series of successive instants sind es jedoch die Betrachter, die auf Materialfeldern u.a. aus Schutt, Glas und Beton Bewegungen ausführen können, wobei ihnen als Vorbild Notizen zu Bewegungsabläufen dienen. So eröffnet sich in Leimers Arbeit ein potenzieller Handlungsraum, der mit immer neuen Bildern und Vorstellungen belegt wird und sich durch die Gleichzeitigkeit verschiedener räumlicher Situationen - die des Films und der Imagination – auszeichnet.

Durch den Rückgriff auf verschiedene Praktiken und Ebenen der Inszenierung gelingt es Leimer, die Überschneidung von Fiktion und Realität zu thematisieren oder die Überlappung von verschiedenen zeitlichen Dimensionen zu verdeutlichen. Dabei lässt sie simulierte und imaginäre, erzählte und erinnerte Räume entstehen. In komplexer Art und Weise greifen in Sonia Leimers künstlerischer Praxis, die sich gerade auch durch ihre Deutungsoffenheit und vielgestaltigen Anschlusspunkte auszeichnet, die Kategorien Raum und Zeit sowie die Frage nach der Bedeutung des Materials im Kontext seiner konzeptuellen Bearbeitung ineinander.

Sonia Leimer (* 1977 in Meran) lebt und arbeitet in Wien. Ihre Arbeiten wurden bei einer Vielzahl von Gruppen- und Einzelausstellungen gezeigt, darunter 2011 newpositions, artcologne, Köln; 2010 Neither in Motion nor at Rest, BAWAG Contemporary, Wien, No Site to Fall in, Salzburger Kunstverein, Salzburg, Premio Cairo, La Permanente di Milano, Milan, The Invisible Play, Istanbul, Fractional Systems. Garage Project II, Mackey Garages, Los Angeles; 2009 Series of successive instants, Galerie nächst St. Stephan, Login, Wien sowie Audio Prop. See this sound, Lentos Kunstmuseum, Linz.?
Sonia Leimer ist Preisträgerin des anlässlich der Art Cologne vergebenen Audi Awards for New Positions 2011.

Somehow that was the case#1
Elli Ferriol und Sonia Leimer
Performance, 20.00 Uhr

Ort

Gutleutstrasse 8-12, 60329 Frankfurt

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