Thing Frankfurt Blog / Kalender

Kollateralpoesie - Basis Projektraum

29. September 2011

Als kollateral bezeichnet man ein Phänomen, das seitlich neben einem Hauptereignis in Erscheinung tritt. Bei militärischen Handlungen beispielsweise beinhalten Kollateralschäden Zerstörungen, die zur Umsetzung der Hauptstrategie billigend in Kauf genommen werden, jedoch nicht Ziel der Aktion waren.

Doch was bedeutet Kollateralpoesie?

Die Frankfurter Künstler Goekhan Erdogan und Jin-Kyoung Huh haben ihre Ausstellung im Projektraum des basis-Atelierhauses so genannt. Auf den ersten Blick haben die Arbeiten der beiden jedoch wenig gemeinsam, beschäftigt sich doch Goekhan Erdogan überwiegend mit dem Genre des Selbstporträts und Jin-Kyoung Huh mit der Konzeptkunst, z.B. Wahrnehmungsexperimenten auf der Basis industrieller Standards oder der Reproduktion.

Goekhan Erdogan beginnt meist bei seinem eigenen fotografischen Konterfei. In seinen „Paperblocks“ vervielfältigt er sein Porträt im Off-Set-Druckverfahren auf Papier. Die bedruckten Bögen schichtet er dann zu ganzen Stößen und verklebt sie mit Kaschierleim. Nach dem Abbinden schleift und schält er Schicht um Schicht die Oberflächen ab. Zu Tage treten dann, wie die Maserungen an einer Holzbohle, die einzelnen Pigmentlagen. Erdogans Bilder leben von der Suche nach dem Wesentlichen eines Abbildes und dem gleichzeitigen Verwischen desselben. Dem konzeptuellen Vorgehen, wie auch dem maschinellen Vervielfältigungsverfahren stellt Goekhan Erdogan die sehr körperliche Arbeit am Objekt bei. Auch integriert er das Prinzip der menschlichen Ungenauigkeit bewusst in seine Werke.

Genau hier liegt die Verbindung zu den Farbwerken der Künstlerin Jin-Kyoung Huh. Auch sie nutzt industriell Vorgefertigtes und technische Vervielfältigungen. Für ihre „Himmelsbilder“ fotografiert Huh täglich zur gleichen Zeit ein und dieselbe Stelle des Himmels. Unmittelbar nach der Aufnahme bearbeitet die Künstlerin die Farbwerte am Computer, gleicht die digitale Aufnahme mit ihrem subjektiven Farbeindruck ab und bringt das Ergebnis als Malerei auf einen Bildträger. Täglich entsteht so ein Streifen Himmelsblau.

Prozesshaftigkeit, Wiederholung ein und des selben Arbeitsschrittes und das Serielle verbindet die Arbeiten der beiden Künstler. Gleichzeitig überschreiten sie die Genregrenzen, denn Erdogans Porträts sind gleichsam Gesichts-Landschaften. Und Huhs Malereien sind kalendarische Porträtstudien von immateriellen Himmelserscheinungen.

Mit ihrem ersten gemeinsamen Ausstellungsprojekt in Frankfurt setzen sie eine Zusammenarbeit fort, die sie schon in anderer Form in Berlin und Mailand realisiert haben. „Skyblue relay“ verbindet Jin-Kyoung Huhs im Vorfeld der Ausstellung entstandenen Frankfurter Himmelsbilder und Goekhan Erdogans „Gesichter“ in einer Rauminstallation. Das klassische Figur/Grund Thema findet so räumlich seine Umsetzung.

Neben weiteren Werkgruppen, so Huhs „useless millimeter papers“ und Erdogans „id-card work“ bildet „Skyblue relay“ das Herz dieser Kollateralpoesie.

Ort

Elbestraße 10, 60329 Frankfurt

»

(---- PDO OK)


[07/2015] Wegen Serverwechsel können wir die Seite Thing Frankfurt Blog in der bisherigen Form leider nicht mehr weiterführen.

Zur Zeit sind nur ausgewählte Artikel verfügbar.

Wir wollen zu Wordpress wechseln. Wer kennt sich aus mit Datenmigration, MySQL, eXtended RSS und könnte uns helfen? Freundliche Hinweise über Kontakt

Alles andere, Impressum etc auf Thing Frankfurt

Unterstütze uns mit:

© Thing Frankfurt Blog, seit 2002.