Moderne Kunst - ein Gottesbeweis?
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Was macht moderne Kunst aus? Eine immer wieder aufs neue gestellte Frage. Herr Braan hat in der Frauenzeitschrift Allegra eine kurze Passage gefunden, die eine Antwort zu geben scheint.
Im folgenden der Diskussionsstrang, wie er sich auf der Thing Mailingliste daraus ergab:
Von: signifikant@s...
Datum: Mi 18, Feb 2004 7:03
Betreff: wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
"meine kriterien für gute kunst:
1. das werk hat ein intelligentes konzept. wenn der betrachter gefordert wird, sich fragt: wie kommt jemand auf die idee? das unterscheidet gute kunst von rein plakativer.
2. sie soll einzigartig, authentisch sein, sprich, man sollte den künstler wiedererkennen
3. sie soll glaubwürdig sein, also auch nachvollziehbar. in der gegenwartskunst etwas schwierig, aber nicht unmöglich. ..."
(julia s., 28, galeristin, spezialisiert auf junge künstler in der
allegra 03/2004)
Von: Stefan Beck
Datum: Mi 18, Feb 2004 16:17
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
Ich lach mich krank; wenn schon eine galeristin eine derartige einschränkung vornimmt:
> 3. sie soll glaubwürdig sein, also auch nachvollziehbar. in der
> gegenwartskunst etwas schwierig, aber nicht unmöglich. ..."
>
> (julia s., 28, galeristin, spezialisiert auf junge künstler in der
> allegra 03/2004)
Textkritisch gelesen hiesse dass: "vollkommen unglaubwürdig" und "völlig unmöglich".
Das sollte auf riesigen lettern an jeder galerie stehn, als warnhinweis.
Von: signifikant@s...
Datum: Mi 18, Feb 2004 16:25
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
>
> Das sollte auf riesigen lettern an jeder galerie stehn, als
> warnhinweis.
ich finde, an jeder galerie sollte in riesigen lettern stehen:
"neff-neff"
Von: jans
Datum: Mi 18, Feb 2004 19:43
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
sie ist 28!
Von: Stefan Beck
Datum: Mi 18, Feb 2004 21:38
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
Umso schlimmer. Wenn sie in dem alter schon so skeptisch ist. Ein wenig mehr enthusiasmus hätte ich von so einer junggaleristin schon erwartet.
Sammler: "ist der künstler auch glaubwürdig...?"
Galeristin: "äh, ganz unmöglich ist das nicht...."
> sie ist 28!
Von: signifikant@s...
Datum: Mi 18, Feb 2004 21:46
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
Am Mittwoch, 18.02.04, um 22:38 Uhr (Europe/Berlin) schrieb Stefan Beck:
> Umso schlimmer. Wenn sie in dem alter schon so skeptisch ist. Ein
> wenig mehr
> enthusiasmus hätte ich von so einer junggaleristin schon erwartet.
>
wer wird denn heutzutage junggalerist/in und warum?
bitte wählen sie:
( ) zufuhr von distinktion
( ) zufuhr von geld
( ) zufuhr von sex, drogen & alkohol
( ) aus liebe zur kunst
was ist das, diese liebe zur kunst? ist es
( ) verliebtheit
( ) obsession
( ) zerstreuung
( ) ...
Von: Stefan Beck
Datum: Fr 20, Feb 2004 15:27
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
Ich hab nochmal nachgedacht:
>> 3. sie soll glaubwürdig sein, also auch nachvollziehbar. in der
>> gegenwartskunst etwas schwierig, aber nicht unmöglich. ..."
>>
>> (julia s., 28, galeristin, spezialisiert auf junge künstler in der
>> allegra 03/2004)
Die dame hat recht: moderne kunst ist grund- und bodenlos. Es gibt nichts, auf das sie sich noch beziehen könnte.
Die konsequenz, die galerie schliessen, denn es gibt auch keine rezeption mehr. Kunst ist nur noch dadurch zu erfahren, in dem man sie macht.
Man könnte es auch so aufziehen: die blaupause des modernen künstlers ist der DJ, als einer person, die umstandslos bereits produziertes aufgreift und neu zusammenstellt.
Aber DJ ist noch viel zu vage, eigentlich wäre hacker der angemessene terminus. Und wer würde etwas von einem hacker kaufen?
Von: signifikant@s...
Datum: Fr 20, Feb 2004 17:18
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
Am Freitag, 20.02.04 um 16:27 Uhr schrieb Stefan Beck:
...
> Die dame hat recht: moderne kunst ist grund- und bodenlos. Es gibt
> nichts,
> auf das sie sich noch beziehen könnte.
> Die konsequenz, die galerie schliessen, denn es gibt auch keine
> rezeption
> mehr. Kunst ist nur noch dadurch zu erfahren, in dem man sie macht.
falsch: kunst ist nur noch mach- wie erfarbar, in dem man über sich spricht. siehe auch der kontemplative rohrpost-strang
...
> Bei den Videoinstallationen der Biennale im Martin-Gropius-Bau entsteht
> so der Eindruck einer Hotelfrühstückszimmer-Dauerberieselung mit CNN,
> die auch dadurch nicht besser wird, daß sie (auf ziemlich einfältige
> zumal mit teilweise grauenhaft geschriebenen Begleittexten auf
> geisteswissenschaftlichem Erstsemesterniveau) globalisierungs- und
> urbanismuskritische Inhalte transportiert.
problematisch ist meines erachtens die der zeitgenössischen kunst (film-, medien-, etc.-) anhaftende, scheinbare notwendigkeit, zum wesen des gezeigten irgendetwas sagen/schreiben zu müssen. die kehrseite der medaille ist das von robert pfaller anschaulich beschriebene prinzip des sich selbst betrachtenden kunstwerks. pfaller erklärt dies zwar mit einer delegierung der wahrnehmung an ein imaginäres publikum, ich meine jedoch, dass gerade die wortreichen erläuterungen, die heute untrennbar mit kunst (s.o.) verbunden sind, den kunst wahrnehmen wollenden von der wahrnehmung weitgehend entbinden.
das führt zu institutionellen blüten wie einer unglaublichen distinktiven aufwertung der ausstellungsmacher; immer erbaulich ist die untersuchung von ausstellungsbegleitmaterial auf zahlenmäßige, typografische und inhaltliche gewichtung von werk, werkbeschreibung, werkbeschreibendem und des werkes schöpfer.
damit kann man hier von einer verwässerung des kunstbegriffs sprechen, da bereits im zeigeakt durch die aus dem werk über es hinaus gehenden erläuterungen ein mologischer diskurs über und dadurch in der kunst selbst initiiert wird.
die stigmatisierung eines vergleichs zwischen kunst und gestaltung halte ich hingegen für irrelevant, da kunst und gestaltung sich nicht kategorisch ausschließen. gutes hängen ist immer noch die halbe miete.
Von: Station Rose
Datum: Fr 20, Feb 2004 19:58
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
>
>
>Die dame hat recht: moderne kunst ist grund- und bodenlos. Es gibt nichts,
>auf das sie sich noch beziehen könnte.
das ist doch quatsch. kunst ist hier, und hat ihre bedeutung. aber sie braucht auf jeden fall nicht dauerne verbale erläuetrungen, wie es in der moderne(n kunstszene) dauernd erzwungen wird.
>
>Man könnte es auch so aufziehen: die blaupause des modernen künstlers ist
>der DJ, als einer person, die umstandslos bereits produziertes aufgreift und
>neu zusammenstellt.
das hätten viele kulturkonsumenten und -macher gerne. damit wäre dann das thema des lästigen künstlers behoben, indem dieser durch den kompatiblen, nur produziertes aufgreifenden DJ ersetzt würde. der partymäßig draussen in der real world wesentlich greifbarer, netter ist. und das geht auch schneller - an das material ranzukommen. 2.version: daruf zu warten, dass der künstler stirbt, und hoffentlich ein werk hinterlassen hat., das wieder andere
cool ist eine anti-DJ-attitüde. zurück zu der anstrengenden extravaganza der Künstler. macht auch jeden fall spass.
zuguterletzt noch eine passende geschichte, die mir vor einigen tagen erzählt wurde:
>DJ hell hat bei/für donatelle versace aufgelegt.
>der startschuss für seinen einsatz, nämlich
>bereits produziertes aufzugreifen und neu
>zusammenzustellen, war folgender ausruf v.
>donatella:
Hell, i wonna dance
;-)
zum schiessen
elisa rose
Von: Stefan Beck
Datum: Fr 20, Feb 2004 20:48
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
>> Man könnte es auch so aufziehen: die blaupause des modernen künstlers ist
>> der DJ, als einer person, die umstandslos bereits produziertes aufgreift und
>> neu zusammenstellt.
>
> das hätten viele kulturkonsumenten und -macher
> gerne. damit wäre dann das thema des lästigen
> künstlers behoben, indem dieser durch den
> kompatiblen, nur produziertes aufgreifenden DJ
> ersetzt würde. der partymäßig draussen in der
> real world wesentlich greifbarer, netter ist. und
> das geht auch schneller - an das material
> ranzukommen.
ich meine ja nicht den plattenaufleger, der sich da draussen in den clubs als jukebox geriert.
Sondern eine person, der jegliche originalität abgeht, der alles zum anlass (oder zum zeichen) wird. Wie z.b. Warhol.
Der gemeine DJ ist ja nur ein erstes exempel eines allgemeinen prinzips, dass ich ja noch spezifisher hacking genannt habe.
> cool ist eine anti-DJ-attitüde. zurück zu der
> anstrengenden extravaganza der Künstler. macht
> auch jeden fall spass.
>
> zuguterletzt noch eine passende geschichte, die
> mir vor einigen tagen erzählt wurde:
>> DJ hell hat bei/für donatelle versace aufgelegt.
>> der startschuss für seinen einsatz, nämlich
>> bereits produziertes aufzugreifen und neu
>> zusammenzustellen, war folgender ausruf v.
>> donatella:
>
> Hell, i wonna dance
> ;-)
> zum schiessen
Ja, Hell und Versace sind total doof; gehören beide abgeschossen.
Von: Stefan Beck
Datum: Fr 20, Feb 2004 20:41
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
> falsch: kunst ist nur noch mach- wie erfarbar, in dem man über sich
> spricht. siehe auch der kontemplative rohrpost-strang
meinst du "sie" oder "sich"?
Es geht nicht mehr darum über kunst zu sprechen, sondern mit und in ihr. Ersteres betreiben museen und galerien.
Was da unten monierst ergibt sich doch genau aus der tatsache, dass die kunst eine rede geworden ist. Je bodenloser sie wird, desto mehr muss in ihr geredet werden. Schon Nietzsche hat dem flüstern seiner zeit orkanstärke prophezeit, vor der man sich die ohren zuhalten müsse.
Von: Station Rose
Datum: Fr 20, Feb 2004 20:54
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
>
>ich meine ja nicht den plattenaufleger, der sich da draussen in den clubs
>als jukebox geriert.
>
>Sondern eine person, der jegliche originalität abgeht, der alles zum anlass
>(oder zum zeichen) wird. Wie z.b. Warhol.
schon klar.aber die audio-version in form das djs kann als sample genommen werden.
>
>Der gemeine DJ ist ja nur ein erstes exempel eines allgemeinen prinzips,
>dass ich ja noch spezifisher hacking genannt habe.
na ja. hacking ist schon zu besetzt, abgenützt als begriff
Von: Station Rose
Datum: Fr 20, Feb 2004 20:57
Betreff: Re: [thing-frankfurt] wie man in der modernen kunst gute von schlechten werken unterscheidet
>
>Es geht nicht mehr darum über kunst zu sprechen, sondern mit und in ihr.
ist auch meine meinung.
>Ersteres betreiben museen und galerien.
>
>so soll es sein, stimmt auch.
>
>