Künstler in Frankfurt - wozu?
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Meine zurückliegende Umfrage unter den Frankfurter Parteien hatte ergeben, daß niemand eine schlüssige Antwort auf die Frage geben konnte, wozu es Künstler in Frankfurt bedürfe.
In der Tat scheinen sie sich dem Umstand ergeben zu haben Künstler als eine Gelegenheit (Commodity) zu betrachten, nach deren Woher sich jede Frage erübrigte. Gas, Wasser, Strom kommen von fernher zu uns ins Haus. Warum nicht also auch die Kunst?
Die Ära Weiermair brachte noch im Frankfurter Kunstverein in gediegener Förmlichkeit von Zeit zu Zeit eine Übersicht Frankfurter Künstler. Auch Herr Ammann im MMK war dem Lokalkolorit nicht ganz abgeneigt; - sofern er seine spezielle Erotik bediente.
Mit den neuen, Schafhausen, Hollein, Birnbaum, Kittelmann, jüngst auch Chus Martinez ist endgültig Internationalität in den Kunstdingen Frankfurts eingekehrt. Wir haben uns schnell daran gewöhnt, die Namen der Künstler stotternd auszusprechen und ihre Herkunft im Atlas nachzuschlagen. Das nennt sich Globalisierung.
Zwei Probleme schliessen sich daran an:
1) Selbst wenn die Frankfurter Künstler in der angenehmen Lage wären, in Helsinki, Singapur, Kinshasa oder Buenes Aires vertreten zu werden ( - woran ich nicht glaube - ), was ginge über den schalen Beigeschmack von Exotik und Folklore hinaus?
2) Wen spricht das an? Ich war einmal im Museum moderner Kunst in Stockholm, nur, um die schwedische Gegenwartskunst in den letzten dunklen Winkel des Gebäudes verbannt zu finden. Der größte Teil der Ausstellungsfläche war einer allgemeinverbindlichen Auffassung von Moderne gewidmet, den ich überall wieder finden kann. Sind die Schweden ihrer eigenen Kunst fremd, oder glauben, sie, dem Besucher demonstrieren zu müssen, wie modern sie sind? Was hier nur heisst, anschlussfähig an einen ubiquitären Diskurs.
So absurd, beinahe undenkbar ein Quote für regionale Kunst wäre, bedeutete sie dennoch einen Anlaß darüber nachzudenken, was Künstler für eine Stadt ausmachen könnten. In Berlin Mitte funktioniert es durchaus (ohne Quote). Einheimische und Touristen ziehen in Scharen zum Prenzlauer Berg, um zu sehen, wie die "schrägen Künstler" leben. Für die einen mag das Kitsch sein, für die anderen gelungene Stadtteilentwicklung.
In Frankfurt bietet sich leider noch nicht einmal die Möglichkeit vor die Wahl gestellt zu werden. Ein wenig Gentrifizierung könnte doch nicht schlecht sein.
Selbst, wenn es so aussieht als läge das einzige Heil der Stadt, jeder größeren Stadt, sich der Globalisierung zu öffnen, meine ich, daß letztlich nur geschickte Regionalisierung ihr weiterhilft.
Dies macht ein gerade erst erschienener Artikel in der Frankfurter Rundschau deutlich:
"Las Vegas bildet das kulturelle Paradigma des 21. Jahrhunderts. Die Spielerstadt zeigt, wie beweglich die Bildvorräte unserer Globalgesellschaft geworden sind. Ihre Paradedisziplin heißt Theming. Alles kann überall entstehen. New York am Strip oder Venedigs Gassen im ersten Stock eines Casinos. Theming ist das, was Biologen einen überoptimalen Reiz nennen: überwältigend. Die wohl erfolgreichste urbanistische Strategie der letzten Jahrzehnte verändert Städte. Sie werden konsumierbar und - so paradox es klingt - auf der Jagd nach einmaligen Attraktionen austauschbar." (Oliver Herwig: "Überall jederzeit sofort zu Hause")
Die bewußte Förderung lokaler Kunst käme einem Gegensteuern gleich. Das muss nicht in einem biederen Heimatstil münden, - man könnte auch ganz gezielt internationale Künstler an Frankfurt binden. Siehe Forsythe.
Aber auch die lokalen Künstler könnten sich darauf beschränken, Arbeiten herzustellen, die ganz bewußt für den Ort gemeint sind, an dem sie entstanden sind. Anstatt ihre Kunst nach Kriterien zu produzieren, die vermeintlich überall Bestand haben. Diesen Luxus können sich nur ganz wenige leisten. Für den Rest gilt: Überall ist Nirgends.