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Frust ist nicht unethisch

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In einem Artikel des Tagespiegels zur Lage der Künstler in Berlin erklärte das Künstler-Duo Twin Gabriel “Frust [über die eigene Lage] sei unethisch.”

Dem kann ich nicht zustimmen. Aus folgenden Gründen:

Zitat Twin Gabriel:

“Es ist in gewisser Weise unsittlich, sich zu beklagen, wenn ein selbst gewählter Lebensstil nicht klappt, der in etwa so riskant ist, wie free-climbing und Höhlentauchen.”


Sicherlich ist die Wahl Künstler/in zu werden in ebensolcher Weise eine freie Entscheidung, wie, die Anwalt, Schlosser oder Unternehmer zu werden. Jede/r hat die Verantwortung für sein Leben vorerst selbst zu übernehmen.

Anderseits besteht zwischen dem Beruf des Künstlers und dem anderer Professionen ein gravierender Unterschied. Den Thomas Mann wie folgt beschreibt: “Ein Künstler ist jemand, der ein symbolisches Leben führt.”

Symbolisch meint hier: stellvertretend für andere. Ein Anspruch, den die Gesellschaft auch anerkennt. Sonst machten Kunstmuseen in allerbesten Innenstadtlagen ebenso wenig Sinn, wie Stiftungen, Steuervergünstigungen oder der Anspruch von Parlamentariern Kunst und Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz schreiben zu wollen.

Kunst ist eben keine Privatsache. Im Gegensatz zu free-climbing oder Höhlentauchen.

Boris Groys erklärt den Künstler zu der Person, die demonstriere, was es bedeute ein Individuum zu sein. Eine Eigenschaft, die den Kern unserer so genannten freiheitlich demokratischen Grundordnung ausmacht. Wo Individualrechte garantiert und geschützt werden, bedarf es auch einer Definition eines Individuums. Nicht allein besorgen das die Künstler, aber in beispielhafter Weise.

Gewollt oder ungewollt unterstreichen Twin Gabriel diesen Anspruch, wenn sie sich im Foto zu dem Tagespiegel Artikel als Prolls beim Sozialamt inszenieren. Sie zeigen damit für alle, was es bedeutet auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein.

Als Künstler Frust über die eigene wirtschaftliche Lage zu äußern ist keine notwendige, aber eine mögliche Option. Wenigstens solange, wie die Gesellschaft ein Bedürfnis nach Kunst öffentlich erhält.

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