Deutschlands kulturelle Provinzialisierung
Veröffentlicht am
Besteht noch auf absehbare Zeit die Chance, daß Kunst und Kultur sich mit dem Image Frankfurts verbinden?
Ich fürchte Nein.
Die Gründe für meinen Pessimismus heißen Banken und Berlin.
Heute blätterte ich in einer Zeitschrift der IHK Frankfurt. Darin hieß es sinngemäß, die Finanzwelt müsse der Leuchtturm Frankfurts sein und bleiben.
Die IHK hat recht. Ein Image sollte von einem einzigen Merkmal besetzt sein. Keine andere Eigenschaft Frankfurts ist derartig bekannt und anerkannt, wie seine Rolle als internationaler Finanzplatz, ein "global hub".
Jede weitere Eigenschaft, also zB die Kultur, kann demgegenüber nur zweitrangig sein.
In Deutschland gibt es dagegen eine Stadt, die vornehmlich mit Kultur assoziiert wird. Das ist Berlin.
Berlin ist Hauptstadt, Berlin ist Kulturhauptstadt. Berlin und Kultur sind eins.
Wollte Frankfurt gegen die Hegemonie Berlins angehen, so müsste Frankfurt seine Investitionen in Kunst und Kultur nicht nur drastisch erhöhen, - sie sind höher als die Berlins -, es müsste auch sein Image einer global orientierten Finanzmetropole vom Sockel stoßen.
Dagegen spricht, daß Frankfurt bislang nicht nur sehr gut von den Banken gelebt hat, sondern sein beständiger Wettbewerb mit anderen global aufgestellten Finanzstädten, wie London, New York und Tokyo, der die Stadt zwingt ihre Position aufs Neue zu behaupten.
Kultur spielt im Wettbewerb der Finanzmetropolen sicher eine Rolle, aber nur die eines Beihelfers. Kultur ist in Frankfurt von dienendem Charakter. Hin und wieder grollen die Banken der Stadt, wenn sie das Gefühl haben, talentierte Mitarbeiter nicht für die kulturelle Provinz Frankfurts begeistern zu können. Ich glaube nicht, daß den Banken das kulturelle Angebot einer Stadt wirklich wichtig ist. Dagegen sprechen schon ihre Vorstellungen von Arbeitszeit. Samstags sowieso, und Sonntags sind die Mitarbeiter auch gerne in der Firma gesehen. Kultur dagegen ist vor allem eine Frage der Musse.
Frankfurt kann sich seine Ausgaben für Kunst und Kultur besser sparen. Die kürzlich in Gang gekommene Diskussion zu Themen wie Kreativwirtschaft, Creative Class oder Creative Industries ist nur ein hohles Herbeigerede von etwas, was in Frankfurt gar nicht existiert und niemand wirklich haben will.
Als Beispiel mag nur die kürzlich großflächig plakatierte Kampagne der Tourismus+Congress GmbH Frankfurt dienen, die für eine Übernachtung in einem 5-Sterne Hotel (mit Wellness Angebot) samt Besuch einer Varieté Vorstellung im Tigerpalast geworben hat[1]. Wer seit Jahren einen Offspace betrieben hat, kann sich da nur gelinde am Kopf kratzen.
Frankfurt steht damit in Deutschland nicht alleine da. Der Aufstieg Berlins zur Kulturhauptstadt geht mit einer drastischen kulturellen Provinzialisierung der übrigen Städte einher.
Der kulturelle Föderalismus der alten BRD liegt in Trümmern. Es mag ein Effekt der Globalisierung sein, dem diese bislang einmalige kulturelle Diversität geopfert wird. Deutschland geht kulturell den Weg, den England und Frankreich schon lange gegangen sind. Er führt einzig und immer fortan nach Berlin.
* * *
[1] http://frankfurt-tourismus.de/cms/tourismussuite/de/frankfurter_variete_nacht_tigerpalast.html