iPhone Musik und Coca Cola
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Es gibt keine Musik mehr, es gibt nur noch iTunes. Das ist bedauerlich, wenngleich demokratisch. Apple hat auch Obama erlöst.
Ich drücke mir gerne die Nase an den Scheiben der letzten verbliebenen HiFi Läden in Frankfurt platt. Der Anblick schrankgroßer Lausprechertürme und kiloschwerer Verstärkerklötze wärmt mir das Herz. In meiner Jugend träumte ich davon dergleichen zu besitzen, B&W, JBL, Klipsch oder McIntosh, - die mit den großen blauen Augen.
Kaufen kann man solche Saurier immer noch, teilweise zu moderaten Preisen. 1980 arbeitete ich in den Sommerferien in der Schraubenfabrik, um zu Weihnachten meine erste Anlage besitzen zu können. Meine jetzigen Träume werden allerdings von der Frage bedrückt, woher denn die Musik für solche Träume kommen soll.
Sicherlich, es gibt auch die entsprechende Abspielgeräte noch, vollkommen solide und über alle Zweifel erhabene Teller von Thorens oder Transrotor. Vinylschallplatten sind jedoch Mangelware geworden und werden allenfalls vom HiFi Laden als Zubehör mitgeliefert.
Auch mit der CD sieht es eher trübe aus. Fakt ist, Musik ist heute, was via iTunes aus dem iPhone erklingt. Dieses fantastische Telefon in Ehren, mit den Ansprüchen von HiFi hat das nichts zu tun. Absurd mutet es an komprimiert psychoakustisch gefilterte Musik aus 20-Cent Wandlern über Lautsprecher von mehreren 1000 Euro abspielen zu müssen.
Der Traum von HiFi ist ausgeträumt, weil er im Versprechen bestand, das allerletzte Quentchen Detail und Nuance aus den mit Liebe und Sorgfalt aufgenommenen Tonträgern herauspressen zu können.
Natürlich muß auch heute kein Zweifel an der Qualität des Aufnahmeprozesses bestehen. Nur, das Endprodukt ist unendlich schlechter geworden. Nicht, daß es unmöglich wäre erstklassiges MP3 oder unkomprimierte Streams noch zu bekommen, der eigentliche Knackpunkt ist das Prinzip der Distribution.
An Musik zu kommen ist endgültig an die Konsumenten übergegangen, sei es, daß sie sich die Files über Torrents, sei es, daß sie sie via iTunes beziehen. Diesen Weg sind die Hersteller hochwertiger Tontechnik nicht mitgegangen. Ihr Modell beruhte auf einem vollkommen geschlossenen Produktkreis. Aus diesem ist die Musik ausgeschert. Musik ist kopierbar, Lautsprecher sind es nicht.
Also, Musik ist iPhone. Denn auch das ist kopierbar. Nicht als physisches Gerät, aber als Prinzip, das universelle und mobile Interface zu den Datenströmen dieser Welt zu verkörpern.
Für den HiFi Liebhaber mag das unerfreulich sein, im Ganzen ist es demokratisch. Musik definiert sich fortan darüber, was die Leute auf dem Rechner haben, nicht, was im Plattenladen im Regal steht.
Und wie Andy Warhol den wahrhaft demokratischen Aspekt von Coca Cola pries, - nichtmal der Präsident könne ein besseres Cola als der Penner um die Ecke trinken -, so steht iPhone samt iTunes für demokratischen Musikgenuss.
Auch Barack Obama kann kein bessere Musik hören als seine Chauffeure, selbst, wenn er ansonsten auf Blackberry steht.