Feminismus, Material und Malerei
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Beim Durchblättern der Künstlerbücher auf der Substanz Buchmesse fiel mein zufälliger Blick auf den folgenden Text.
Der Name der Verfasserin mag hier keine Rolle spielen. Wichtig erscheinen mir ihre Zeilen in Bezug auf das Politische in der Malerei.
Apropos feminism
I'm very interested in feminist thinking and writing. I appreciate it as a critical instrument.
But I'm not a feminist. Not at all.
When I work on my paintings I don't think about sex or about gender. I work on the material.
I work on the conception realised in the material.
These decisions are personal insofar as they are influenced by my education, my experiences, by what I like and what I dislike [..].
For all that I have to admit I'm a woman and since I think of my work being absolutely autobiographical it's of course a woman's work.
Der Text ist einigermassen rätselhaft. Da sagt die Autorin, daß sie feministisches Denken als kritisches Instrument schätze. Gleichzeitig spielt das aber in ihrer Malerei keine Rolle.
Welche Reichweite misst sie denn der Kritik bei? Warum macht sie vor der Malerei und dem Material halt?
Kann es in Bezug auf das Material keine feministischen Erwägungen geben? War es denn Zufall, daß Künstlerinnen wie Marina Abramovic, Valie Export oder Orlan (um nur einige zu nennen) ihren Körper eingesetzt haben? Eben nicht gemalt haben. Oder wenn sie, wie Elaine Sturtevant, sich subversiv die Bilder der männlichen Kollegen (Rauschenberg, Johns, Warhol, Beuys) kopiert und angeeignet haben.
Feminismus meint eben nicht Geschlecht und Geschlechtszuschreibung (sex or about gender) als solches, als wärs eine rein akademische Frage, sondern die Einbettung ihres Diskurses in einen politischen Zusammenhang. Also, die Machtfrage.
Daß auch die Malerei eine Machtfrage stellt, scheint der Autorin entgangen zu sein. Die Malerei ist dahingehend machtvoll, von Macht besetzt, insofern sie die universelle Bildbarkeit der Welt für durchsetzbar und möglich hält. Wie der Kritiker Michael Brenson in "Culture in Action" (Chicago 1993) schreibt:
"Modernist painting encourages the viewers to assume that reality can always be seen, shaped, odered, created. This, too, helps explain why painting is almost inevitably an emblem of power."
Malerei ist damit politisch, insofern sie politische (und feministische) Inquisitionen auslassen, und - wie hier im Text demonstriert - auf Fragen des Materials (als ob es für sich existierte) und der persönlichen Vorlieben (by what I like and what I dislike) ausweichen kann. Fehlt nur noch der Verweis auf die Natur.
Wie diesen Knoten lösen? Wie kann die Malerei als per se politische Praxis der Kunst in den Status einer ihr angemessenen Politik zurückgeführt werden?