Künstler, die es geschafft haben
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Pünktlich zur Art Frankfurt meint das Journal Frankfurt sich erlauben zu müssen mal etwas Kunst aufs Titelblatt zu bringen. Von „Künstler(n), die es geschafft haben“ liest wohl jeder gern, handelt es sich dabei eigentlich um ein Synonym, einen hohlen Pleonasmus, denn von Künstlern, die es nicht „geschafft“ haben, liest man meistens nichts.
Leider ist nur das Kriterium, nach dem deren Erfolg bemessen wird ein wenig beschränkt und überholt. Kunst nach ihrem materiellen Erfolg, und diesen fast ausschliesslich über Vertretung durch Galerien beurteilen zu wollen wiederholt und prolongiert einen faden Mythos des 19. Jahrhunderts, dem nur noch der Hinweis aufs Genie fehlt. Aber wir wollen hier nicht zu viel verlangen.
Dieses „es geschafft haben“ erinnert in fataler Weise an die Stupidität von Erfolgsberichten, Börsenkursen, dem Rennplatz und den Vorabendsoaps von Lust und Leidenschaften der Mittelklasse, mit der wir von früh bis spät behämmert werden, wo wir zu stehen haben, ganz unten nämlich. Von da aus kann es natürlich nur eine Richtung geben, nach oben. Daß da jede Menge Lug und Trug dahinter steckt, wie die Skandale von Enron und Worldcom gezeigt haben, dürfte allerdings nur die interessieren, die damit schon eine Menge Geld verloren haben; für die anderen ists bloss Unterhaltung.
Der „Falle Lehanka“, das ist so eine Sache. Ich habe schon 1991 genau ihn meinend erklärt, die Art und Weise, wie sich ein Künstler im Kunstbetrieb bewegt, müsse den gleichen Kriterien entsprechen, die auch an ein Kunstwerk angelegt werden. Niemand hats gehört.
Dabei hätte ich damals auch so schreiben können: „Der Marko Lehanka trägt einen 3-Knopfanzug aus 100% reinem Kaschmir von Cerruti. Er trägt eine Grande Complication mit 24 Diamanten am Handgelenk und fährt einen Maserati mit goldenen Felgen. Der Marko Lehanka raucht eine Montechristo am Tag.“ Das wäre doch schön, und vielleicht auch wahr.
Leider spricht dieser Artikel vom Erfolg wie die katholische Kirche von der Jungfrauengeburt. Sex hats nie gegeben, und es war auch niemand schuld. So bleibt dieser Erfolg so etwas wie die Keuschheit. Jede(r) will sie schnellstmöglich loswerden.
Drei Kreuze vor der Kunstgeschichte.
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Q: Journal Frankfurt 09/03 "Art Attack" S. 24