Hotel Bristol - Problematische Anti-Kunst
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Durch Zufall hörte ich auf RadioX von dem Kunst-Event, das letzten Samstag, den 14.12., im Hotel Bristol stattfand. Zuerst sprach es mich gar nicht an, aber dann brachte mich ein anderer Zufall, nämlich, dass sich die Kollegen der Oskar von Millerstr. tatsächlich in diesen West-Östlichen Divan zurückgezogen hatte, dazu, doch noch dieses Hotel Bristol aufzusuchen.
Jenes ist ein ganz normales, also schreckliches, Businesshotel in der Niddastr., an dem ich jeden Tag vorbeikomme. Wie es die Leute von art check ima, von denen ich auch noch nie was gehört hatte, angestellt haben, zwei im Umbau befindliche Etagen des Hotels für eine Kunstausstellung bekommen zu haben, weiss ich auch nicht.
Jedenfalls waren diese leeren, rohen, nackten Zimmerkabinen mit den seltsamsten Arbeiten ausgestattet. Manches waren ganz gewöhnliche Kunstpräsentationen, Ölbilder, Zeichnungen, andere hatten Installationen dort hineingepackt, oder benutzten den Raum als eine Art Party-Location innerhalb der Party-Location, denn Musik-Räume, Dance-Floors gabs auch.
Diese Kunst, die sich dort zeigte war so roh, so vollkommen unvermittelt, bar jedes kuratorischen Bemühens, wie eben dieses Hotel, das nur für diese eine Nacht zu existieren schien.
Zusätzlich durchströmte die Etagen ein Publikum, das man sonst noch nichtmal im Lola Montez antrifft, die wildeste Mischung von Szene, kleinen Blondinchen mit Goldgehänge und Sonnenstudio-Bräune, Jungs, die geradeweg von Konstablerwache gekommen schienen, Kunstbanausen jedweder Couleur, - denn in aller Angestrengtheit, allem Gedränge gings sicher kaum um die Kunst, als darum zu sehen, zu untersuchen, sich durchzubringen, alles mitzunehmen.
Selten habe ich eine solche Ansammlung von Anti-Kunst an einem Ort gesehen. Wir hatten ja dieses Jahr das schon höchst problematische „lebendige Museum“ im MMK, aber unter diesem Titel schlug das Hotel Bristol das MMK um Längen. Wenn anschaulich demonstriert werden konnte, daß Kunst oder ästhetischer Eindruck, nach den Worten von Rudolf Burger, nicht mehr als intentionaler Akt geleistet werden kann, dann hier.
Im MMK hat der Herr Rehberger ein paar Studenten Geld gegeben, auf dass sie sich in angestrengter Gelangweiltheit dem Publikum präsentierten. Hier gabs das völlig aus sich heraus und umsonst.
Wobei auch die äusserst schwierige Lage dieser Kunstpräsentation deutlich wird. Wahrscheinlich hat keiner der beteiligten Künstler Geld für ihre Arbeiten gesehen, und verschwindet wieder nach diesem Abend im allgemeinen Rauschen unterhalb jeglicher Aufmerksamkeitsschwelle. Ihren „Schnitt“ dürften allerhöchstens die Getränkeverkäufer gemacht haben, von denen einige in seltener Ironie von aus Messeeinrichtungen entliehenen Sockeln Champagner anboten.
Wie schon in Bezug auf das Lola Montez dargelegt ist eine solche Kunstpräsentation nur als kurzzeitiges Paradox möglich, die Abseits des Museums museale Formen unfreiwillig karrikiert und denunziert (denn wenngleich ich es als „Anti-Kunst“ goutiere, mag es manchen der Beteiligten todernst gewesen sein), während die Frage nach echten Alternativen zum Museum weiterhin offen und ungelöst bleibt.