Kunst = Demokratie
Veröffentlicht am
Ich glaube, es gibt in der ganzen Kunst kein größeres Unwort als Demokratie.
Man stelle sich einmal vor, aufgrund von Mehrheitsentscheidungen könnte bestimmt werden, was Kunst ist, und was nicht.
Dann wäre mit einem Male ein ganzer Betrieb hinfällig, der nur dazu da ist, demokratische Prozesse abzublocken.
Wozu gibt es Kritiker, Kuratoren, Sammlungsleiter, Direktoren, Galeristen und den sonstigen Apparat in Ämtern und Institutionen? Weil die allgemeine Auffassung herrscht, Kunst wäre etwas derartig besonderes, einzigartiges, dessen Qualität und damit Berechtigung nicht durch Abstimmungen gewährleistet werden könnte. Es braucht, so die Meinung, Experten, die möglichst in Verantwortung nur gegen sich selbst, den Status von Kunst aufrechterhalten könnten. In folge dessen gestaltet sich die Auswahl dieser Experten kompliziert und undurchsichtig.
Keineswegs gibt es überhaupt keine Demokratie in der Kunst. Konsumenten von symbolischen Objekten entscheiden durchaus über die Kunstgüter, die sie verbrauchen. Geht niemand ins Theater, muss es vielleicht schliessen. Bestimmte Ausstellungen werden als "schlecht besucht" dargestellt. Immer mehr setzt sich der Brauch durch Erfolg oder Misserfolg eines kulturellen Produktes gemäss "Einschaltquoten" zu messen.
Das ist aber nur implizite Demokratie. Explizite Demokratie wäre, wenn sich Produzenten und Konsumenten kultureller Güter gemeinsam darauf verständigten, allgemeine Regeln festlegten, was kunstwürdig sei, und was nicht. Wo es um Einschaltquoten in der Kultur geht, wird dem Konsumenten nur pro forma recht gegeben. Eigentlich denkt man, er/sie sei blöd; man müsse die Kunst bloß entsprechend verpacken. Was letztlich zu Marketingeffekten führt. Statt Direktoren sitzen in den Kunsthallen jetzt PR-Experten.
Kunst wird immer noch gerne "gezeigt" (oder ausgestellt). Worauf es zu der Frage kommt, wer was wie warum zeigen, und wem was wie und warum gezeigt werden darf.
Partizipatorische Modelle, die ihren Platz im Internet finden können, dürfen aber auf das zeigen verzichten. An seine Stelle tritt das gemeinsame Herstellen einer Sache, eines Eintretens in einen Herstellungs- und Entscheidungsprozess, der demokratisch verlaufen kann. Und da, wo er es nicht tut, dem Einzelnen noch genug eigenen Raum überlässt. Statt wie im Kunstbetrieb Ausschliessung zu praktizieren.