Retrofuture. Über das Buch
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Während die Buchmesse ihre Schatten vorauswirft, mache ich mir einige Gedanken über das Buch.
Welche Gründe gibt es noch Bücher herzustellen?
Ich meine - ganz kurz -, daß es kaum noch einen Inhalt gibt, der nicht besser und schneller über das Internet zu verbreiten wäre.
Das Buch als alleiniger Träger von Inhalten (Content) hat ausgedient.
Es bleiben drei Gründe zweiter Ordnung übrig:
1) Längere Texte lesen sich auf Papier immer noch besser als auf dem Bildschirm. Und wie meinte Walter Benjamin: "Bücher und Dirnen kann man mit ins Bett nehmen."
2) Das Buch ist die Warenform seines Inhaltes. Es ist die historisch tradierte Form Texte zu verkaufen.
3) Zuletzt stellt die spezifische Schwierigkeit Bücher herzustellen und zu verbreiten einen gewissen Unterpfand für die Güte ihrer Inhalte dar.
Ein Buch in größerer Auflage zu drucken und auf den Markt zu bringen, bedeutet immer noch ein bestimmten Risiko. Folglich kann nicht alles gedruckt werden. Eine Auswahl ist nötig.
Das Lektorat ist der Ausdruck der gesellschaftlichen Kontrolle über die Inhalte der Bücher. Hierin spiegelt sich die konventionelle Aufassung, daß nur das gut sein kann, was von einer gewissen Anzahl von Menschen geschätzt wird.
Nehmen wir die Kunst als Beispiel. Gut ist, wenn ein Künstler Ausstellungen macht. Besser ist, wenn es auch einen Katalog der Ausstellungen gibt. Zwar ist es von Vorteil, wenn auch ein namhafter Kritiker im Katalog schreibt, aber letztlich entscheidend ist die Tatsache, daß eine Institution überhaupt einen Katalog herausgegeben hat. Der Künstler wird also nicht durch den Katalog, sondern durch die Institution legitimiert. Der Katalog ist nur das Medium.
Daher hilft es wenig, wenn Künstler Kataloge auf eigene Faust herstellen. Das ist wie Falschgeld machen. Denn auch das Geld ist nur Geld durch die Unterschrift der Bundesbank (o. EZB).
Demnach ist das Buch weniger Ausdruck eines Autors als eines Verlagswesen.
Das diesjährige Gastland der Buchmesse ist Indien. Indien wird hierzulande gerne mit der IT Industrie von Bangalore assoziiert. Vom Buchland Indien weiss man wenig. Wir könnten also etwas nachholen. Aber vielleicht wolllen auch die Inder etwas nachholen, was sie längst hinter sich gelassen haben?
Wäre es nicht daher besser, die Inder liessen das Stadium Buch einfach aus, und gingen ganz zur IT Technik über? Retrofuture.
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P.S.
Kunst im Internet ist folglich illegetim, und wird es möglich auf immer bleiben. Denn es gibt im Internet keine Herausgeberinstanz, die das Internet als solches hintergehen könnte. Denn das Internet selbst ist die letztendliche Instanz. Noch nichteinmal Nationalstaaten können sie hintergehen.