Bemerkungen zum Stadtsalon 23 Frankfurt verliert seine Kreativen
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Das Thema des letzten Stadtsalons vom 11.2.2008 im Atelierfrankfurt, Frankfurt verliert seine Kreativen war überaus notwendig und längst überfällig.
Die weitgehend unmoderierte Diskussion brachte bei aller Offenheit einige typische Gemeinplätze zur Frankfurter Problematik hervor. Von denen ich einige kommentieren möchte:
Frankfurt ist zu klein
Will sagen, es gibt zu wenig Objekte, Räume außerhalb konkreter Verwertungsinteressen, in denen sich Kreative* für einen längeren Zeitraum ansiedeln könnten.Das ist zwar richtig, aber nicht unbedingt neu. Hier hätte schon längst gehandelt werden können. In der Zwischenzeit sind schon bestehende Objekte zerstört worden. Ich denke da an das Telenorma Gelände, den ehemaligen Güterbahnhof, sowie Teile des Ostbahnhofs. Beunruhigend dabei ist, wie lange diese Flächen nach ihrer Räumung noch ungenutzt bestanden. Die Galerie Fruchtig in der Südlichen Zufuhrstrasse stand noch mindestens sechs Jahre leer. Was sich hochtrabend Europaviertel nennt, ist nach Abriss des Güterbahnhofs vor fast 10 Jahren, immer noch nicht zu erkennen.
Eine andere Alternative, in den virtuellen Raum auszuweichen, sprich Internet, hat bislang wenig Förderung und Ermutigung erhalten.
Das Kapital...
Ohne Zweifel liegen die Interessen von Immobilieneigentümern und Kreativen, die sich die ortsüblichen Mieten nicht leisten können quer. Aber nicht alle Gebäude gehören Privatleuten. Atelierfrankfurt z. B. ist eine Liegenschaft des Landes Hessen, also in öffentlichem Besitz.Wie einer der Teilnehmer anmerkte, liegt es an uns einen Besitz- und Nutzungsanspruch gegenüber den politisch verantwortlichen anzumelden.
Interessant in diesem Zusammenhang die Argumentation eines anderen Anwesenden, der sich selbst als Ökonom bezeichnete. Wenn anstelle von Atelierfrankfurt Bürogebäude errichtet würden, spare er vielleicht Steuern.
Dem wäre entgegen zuhalten, dass die Städelschule ebenfalls mit Steuermitteln Studenten ausbildet, die in der Stadt nicht Fuß fassen können, abwandern, und so als zukünftige Investoren ausfallen. (Ich würde es begrüßen, wenn die Arbeit der Künstler einmal stärker unter dem Aspekt der Investition begriffen würden.)
Mut oder Initiative
Geradezu empörend fand ich die Aussage von Frau Bommersheim, Geschäftsführerin von Kompass, Zentrum für Existenzgründungen, den Kreativen fehle es an Mut.Wenn ich an die Arbeit von Annette Gloser denke, die ihre Galerie Fruchtig 1995 im Osten eröffnete, als es auf der Hanauer noch keine Werbeagenturen gab, so fällt mir kein anderes Wort als Mut ein.
Gleiches gilt für Herrn Siedel, ohne den diese Veranstaltung an jenem Ort gar nicht hätte stattfinden können. Oder die Freitagsküche, die für Essen und Getränke sorgte.
Aus der gleichen Ecke kam noch die Bemerkung, die Künstler hätten sich doch ihr Leben selbst ausgesucht. Meint, sie sollten doch nicht jammern.
Aber es geht nicht darum Befindlichkeiten zu analysieren, sondern festzustellen, dass die, die hier in Frankfurt keinen Raum finden, sich nach Alternativen umsehen. Eine davon heißt Berlin.
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* Kreative. Der Begriff wird hier unspezifisch verwendet. Zum einen Künstler, Designer, Architekten, Musiker, Djs, Ausstellungsmacher usw. Zum anderen diejenigen aus den vorher genannten Feldern, die für ihre Tätigkeit auf Nischen, Brachen, Leerstände angewiesen sind. Also im üblichen nicht kreditwürdig sind.
Links
Stadtsalon:
--> http://www.stadtsalon.de
Liste derer, die schon abgewandert sind:
--> http://www.multitrudi.de/studio-berlin/
--> http://blog.myspace.decenturl.com/myspace.com-blogs-franfurt-abgang
Forum für Freischaffende:
--> http://www.frei-schaffen.de