Darf man Künstler auslachen?
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Aus Anlaß der gleichnamigen Ausstellung bei saasfee[1] mit Arbeiten von Wolfgang Oppermann möchte ich einige Bemerkungen zum Status der Künstler versuchen.
Dabei kann die Lächerlichkeit der Künstler nur im Gesamtzusammenhang des Systems Kunst betrachtet werden.
Natürlich darf man Künstler auslachen. Ihre Nähe zu Narren, Clowns und Idioten ist evident.[2]
Richard Sennett hat gezeigt, wie der Künstler noch im 18. Jahrhundert zum Gesinde gehörte, dem die Herrschaft bedenkenlos Tritte versetzen konnte. Erst im 19. Jahrhundert kam der moderne Künstler auf, der stellvertretend für das Publikum Gefühle äußern durfte, die es sich selbst versagte.
Der Aufstieg der Künstler zu Magiern, Wahr-Sagern, Hohepriestern des Ausdrucks, denen der gemeine Bürger Respekt und Anerkennung schuldete, ging aber einher mit einer materiellen Demoralisierung der Künstler. Erst mit diesem Widerspruch eröffnet sich der Raum für Lächerlichkeit. So darf Baudelaire in einer mythischen Geschichte berichten, wie ihm der Dichterkranz in den Dreck fiel und er verzichtete ihn aufzuheben, weil er sich nun unerkannt und frei unter den Menschen bewegen könne. Der Dichterfürst als Jedermann, als Here Comes Everybody, der an der Armenküche Schlange steht. Das ist komisch.
Indes, das ist nur ein Teil des Problems. Die Frage nach der Lächerlichkeit der Künstler eröffnet den Raum für die Sicht auf die allgemeine Reflexivität des Betriebssystems Kunst. Was darf wie auf was reflektiert werden, wer darf wie auf wen reflektieren?
Darf man auch Kuratoren auslachen?
Spannender fände ich daher die Frage, ob man auch Kuratoren auslachen darf.Auch Galeristen, Museumsdirektoren, Kunstvereinsleiter, Mitglieder von Förder- und Stiftungsgremien, Kulturpolitiker, Kunstkritiker, - also das Verwaltungspersonal des Kunstbetriebs. Dürfen die auch lächerlich gemacht werden?
Dazu muß zu erst bedacht werden, wie sie überhaupt in der Kunst vorkommen. Nämlich fast gar nicht.
Man nehme eine durchschnittliche Ausstellung, wie zB My Generation bei Lola Montez, und untersuche ihr Inventar auf Hinweise zu den Vertretern des Kunstbetriebs. Nun, es gibt zwei Gipsköpfe, die Kasper König und Jean-Christophe Ammann darstellen. Ihren Reflektionsgrad halte ich für gering. Daß sich Künstler durch Portraits gegenüber ihren Mentoren erkenntlich erweisen, ist seit der Renaissance ein alter Hut. Die Referenz hat in aller Regel die Form des Dankes ("... für die freundliche Unterstützung ... etc").
Kritik kommt gar nicht vor. Womit auch die Lächerlichkeit eingeschlossen ist. Denn sie ist nur eine volkstümliche verdrängende Form der Kritik.
Auch eine ansonsten so reflektierte Künstlerin wie Elaine Sturtevant bezieht sich immer nur auf Kollegen, nie aber auf Kuratoren oder Galeristen.
Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Es müsste dazu empirisches Material aus dem Innenleben der Protagonisten des Kunstbetriebs vorliegen Das gibt es nicht.
Während die Kunst sich heute theoretisch auf alles beziehen und auf alles reflektieren kann, bleibt sie eigentümlich blind gegenüber den Bedingungen ihrer Darstellung und Vermittlung.
Tabubrüche sind generell möglich, die kritische Reflektion auf die, die diese Tabubrüche ermöglichen scheint weiterhin tabu. [3]
Kennt jemand noch einen guten Schafhausen Witz?
* * *
[1] "Darf man Künstler auslachen?"
von Wolfgang Oppermann
saasfee*pavillon, frankfurt
Bleichstrasse 64-66 HH
Ausstellungseröffnung: Mittwoch, 11. März 2009 um 19.30h
Öffnungszeiten: 12.03. - 24.03. 2008
di - sa 17h - 20h und nach telefonischer Vereinbarung
Der Hamburger Künstler Wolfgang Oppermann hat ein phantastisches Werk geschaffen. Seine umfangreichen Arbeit, deren Blütezeit in den Jahren der Pop-Art lag und die er bis ins Jahr 2001 weiterentwickelt hat, wurden in Frankfurt noch nie gezeigt, sind aber aktueller und moderner denn je.
Wolfgang Oppermanns Plakate und Leinwandunikate, im Siebdruckverfahren erstellt, sowie einen Ausschnitt seiner zahlreichen Installationen und kinetischen Objekte, werden wir, in einer kleinen Retrospektive seines künstlerischen Schaffens, vorstellen.
[2] Gründe für das Narrenbild des Künstlers liegen in der weiterhin tradierten christlichen Auffassung des Künstlers als einer Imitatio Christi, der als Heilsbringer von seinen ignoranten Zeitgenossen verspottet wird.
[3] Es sei hier auf einige bescheidene Versuche meinerseits verwiesen auf die Vertreter des Kunstbetriebs zu rekurrieren:
- Flyer im Rahmen von multi.trudi
--> http://www.ipernity.com/doc/20270/1853107
- After Richard Prince
--> http://www.ipernity.com/doc/20270/854956
Und hier noch zur Anregung und Auflockerung:
Wie nennt man einen Kurator mit einem IQ von 50? Begnadet.
Was sagt ein Kurator, der bis über die Gürtellinie hinaus im Wasser steht? "Das geht über meinen Verstand..."
Was ist der Unterschied zwischen einem Kurator und einem Autoreifen? Der Reifen hat Profil.