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Unter Institutionsverdacht

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„Welche Institution braucht Kunst“ war eine schöne Frage des letzten Sophistik-Salons, die sich nach zwei Richtungen denken lässt: Was braucht die Institution an Kunst? und Was braucht die Kunst an Institution?, wobei das Verhältnis wechselseitig zu betrachten ist, wenngleich die quantitative Dimension schwer zu bestimmen wäre. Daß die Institution weniger auf die Kunst als umgekehrt verzichten kann bedeutet in der Praxis kaum einen Vorteil für die Kunst oder einen Nachteil für die Institution.

Eher wäre zu untersuchen, welche spezifischen Bedürfnisse in den jeweiligen Sparten vorherrschend sind. Mir ist am Beispiel der Gruppe Franfurter Küche aufgefallen, daß Künstler und Institution in einem viel stärkeren Wechselspiel von Angebot und Nachfrage stehen. Theater fragen bei Frankfurter Küche an, wie Frankfurter Küche Angebote an Theater und ähnliche Spielstätten macht.
Eine derartige Interaktion ist im Bereich der bildenden Kunst nicht ohne weiteres zu beobachten. In aller Regel bestellt das Museum für moderne Kunst keine Bilder bei einzelnen Künstlern, noch fragen Künstler um Aufträge für Bilder an.
Aufweichungen dieser Praxis sind allerdings an einigen Stellen zu bemerken. Sehr bekannte Künstler, die bereits in der Sammlung vetreten sind oder anderweitig mit dem Museum zu tun haben, können durchaus mit speziellen Aufträgen oder Anpassungen an bestehende Arbeiten rechnen, besonders wenn sich um Arbeiten aus dem Bereich Video oder Installation handelt. Desweiteren neigen Ausstellungshallen ohne eigene Sammlung oder besonders kuratierte Sonderausstellungen (wo die Künstler vorweg schon mit einem Kurator in Kontakt stehen) zu einer Zusammenarbeit was die Erstellung einer situationsspezifischen Arbeit angeht. Diese Tendenz zum commissioning ist relativ neu und nicht ohne Unbehagen auf beiden Seiten, wie eine manifesta4 Diskussion zum gleichen Thema hervorgebracht hat. Den Künstler ist es eher peinlich auf solche Weise im Zusammengehen mit einer Institution „erwischt“ zu werden.

Die Gründe dafür mögen einmal im historischen Hintergrund liegen, vor dem sich die bildende Kunst erst aus den Zwängen von Auftraggebern befreien musste, um sich als „freie“ Kunst zu etablieren. Zum zweiten liegen sie sicher in der unterschliedlichen Natur von Kunstwerken und Bühnenwerken. Das Museum übernimmt die Werke in der Regel als fertig und abgeschlossen, während sie im Theater in jedem Fall erst auf der Bühne vor Publikum hergestellt werden müssen. Von einem Theaterstück kann man allenfalls das Bühnenbild oder die Requisiten einlagern, nicht aber das Stück selbst, denn das ist an lebende Personen gebunden. Kunstwerke lagern in den Ateliers, bei Galerien und Sammlern.
Letztlich ist aber die Funktion des Museums ein andere, die sich der Form eines Schiedrichters annähert, der darüber entscheidet, was sammlungs- und damit erhaltenswürdig ist, und was nicht. Während das Theater in seiner Abhänggkeit von lebenden Schauspielern auch die besten Aufführungen hinter sich lassen muss. Das Museum bewahrt und auf Ewigkeit, denn theoretisch darf nichts mehr aus dem Museum herauskommen, was jemals gesammelt wurde. (Ob das mit Raum- und Finanznot unentwegt durchzuhalten ist, mag sich noch zeigen.) Unter dieser Einschränkung ist verständlich, daß das Museum eine erzwungen Neutralität zur Schau stellt, die wenigstens formal keine Beeinflussung akzeptieren mag. Daß Galeristen und Sammler trotzdem versuchen „ihre“ Künstler im Museum unterzubringen ist eine Tatsache die nicht allzuoffensichtlich werden darf. Das Theater ist dahingehend freier; auch wenn mal eine Aufführung daneben gegangen ist, - es gibt immer eine neue Spielzeit und neues Glück.

Auf Seiten der bildenden Künstler führt diese Situation zu einem Eiertanz, der zwischen Indifferenz und Anbiederung schwankt. Vordergründig müssen sie dem Museum helfen seine Fassade als neutrale Institution zu wahren und allzu öffentlich Vertraulichkeit mit seinen Vetretern vermeiden, will nicht der Eindruck von Kungelei oder sogar Kuppelei entstehen, was dann auch dem Ruf der Künstler schadet. In der verbleibenden Grauzone sind sicherlei tausende von kleinen Tricks möglich, die je nach Talent (und Geschlecht, um nur eines zu nennen) variieren werden. Vom Museum aus hat sich seit einiger Zeit die Tendenz entwickelt den musealen Raum ausserhalb der eigenen Maueren auszudehen, quasi ein sichtfreies Vorfeld zu schaffen, wie früher vor Fortifikationen üblich. Sie bilden Dependancen, Zweig-Stellen, gehen in Firmen oder bandeln mit unabhängigen Ausstellungsmachern an; zu einem Zweck, die Künstler im außer-musealen Raum zu erproben und nötigenfalls auszusieben, - ein Vorgang, der innerhalb des Museums leicht schmutzig und unschicklich wirken und die Aura weihevoller Kontemplation stören könnte. Das Museum muss innerhalb seiner Hallen gefestigt und unverrückbar wirken.

Zuletzt möge man sich folgendes Bild vorstellen: das Museum beschäftigte analog zum Theater ein festes Ensemble von Künstlern, die nach Aufträgen des Museums Werke anfertigten, die danach regelmäßig „aufgeführt“ würden.
Auch wenn das derzeigte (Staats)Theater nach Möglichkeiten sucht seine fix angestellten Schauspieler loszuwerden, nutzt das Museum seine andersartige Situation nicht sie zu seinem Vorteil darzustellen, etwa, die Künstler würden „just on time“ oder nur „on demand“ anliefern. Reine Konvention?

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